Heute sollte ein ganz besonderer Tag für mich und wie sich dann raus stellte auch für die anderen werden.

Nachdem wir gestern Abend Unterschlupf hinter der 1000-jährigen Eiche im Botanischen Garten von Batumi gefunden hatten, verließen wir relativ früh diesen wunderschönen Ort an der Küste Georgiens. Zuvor erkundete ich noch mit Heiko den hiesigen Strand, zu erreichen über einen scheinbar stillgelegten Bahnhof, der
mehr wie ein griechischer Tempel aussah und dessen zugehöriger Gleisanlage. Diese Hürde überwunden mussten wir einen felsigen Steilhang hinab und standen dann am steinigen Strand zum Schwarzen Meer. Im Dunstnebel das Las Vegas Georgiens, Batumi, erkennbar durch dessen rauschendes Leben wir am Abend zuvor noch staunend gefahren waren. Wie gerne hätte ich dort eine Nacht verbracht, um das schillernde Leben am Rande der Armut einmal mit zu erleben. Noch schnell ein paar schöne Steine eingepackt und zurück zu den anderen, die mittlerweile auch wach waren und dabei die Fahrzeuge zu packen.
Nach einer Tasse Instantkaffee gings wieder los. Bei den Nomads waren noch zwei polnische Tramper untergekommen, die wir tags zuvor kennengelernt hatten und die die gleiche Richtung hatten.

Die geplante Strecke für heute war nicht sonderlich lang. Wir wollten zu Jan nach Akhaldaba im Nationalpark zu Borjomi, meinem alten Wandervogelkameraden. Knapp 300km schlängelten wir uns durch Berge und Täler. Die Straße war gut und wir kamen zügig voran. Angekündigt hatte ich uns bei der letzten Internetmöglichkeit in der Türkei. Eine richtige Adresse hatten wir nicht, bloß eine Weltbeschreibung und ein paar georgische Worte, die wohl so etwas wie: „Ich bin ein Freund von Jan, bitte ruf ihn an und sag ihm er soll uns abholen“ bedeuteten.

Kurz vor unserem Abzweig fuhren wir an einen kleinen Fluss um uns abzukühlen und wurden prompt von ein paar älteren Georgischen Männern zum Schnaps eingeladen. Sie badeten bereits im kühlen Gewässer und wir gesellten uns für einen Moment und einen Trunk auf Friede und Freundschaft zu Ihnen. Nach dieser Wohltat ging es auch schon weiter Richtung Tiblis.

An der Kreuzung nach Tiblis bogen wir dann in die Gegenrichtung südlich ab und ich hoffte, dass alles nach der guten alten Wandervogelmanier klappen würde.
Ab hier wurde die Straße extrem schlechter, befand sie sich doch im Bau. An einem Fluß entlang gelangten wir irgendwann in den Zielort. Hier sollten wir an der Brücke vorbei fahren und nach dem Kiosk dann links rein. Ein Kiosk war weit und breit nicht zu sehen, also hielten wir an einer durch weibliches Volk besetzen
Bushaltestelle.

Da wir heute das führende Fahrzeug waren und es ja auch meine Adresse war machte ich mich nun mit meinem Zettel bewaffnet und der guten Hoffnung englisch sprechendes Jungvolk zu treffen auf den Weg zur Haltestelle. Meine Hoffnung wurde nicht enttäuscht, so konnte ich doch recht schnell deutlich machen was wir wollten. Eine der Damen sprach einen männlichen Passanten an und dieser fing direkt an herum zu telefonieren. Er nickte mir zu und murmelte etwas auf georgisch. Ich verstand nichts und wir warteten.

15 Minuten später schoß 200 m von uns entfernt ein schwarzer Mercedes aus einer Seitenstraße und raste auf uns zu. Mit quietschenden Reifen hielt der Wagen und Jan sprang mit einem freudigen Horridoh vor der Brust, heraus. Lachend fielen wir uns in die Arme. Ich stellte die anderen vor und war glücklich, dass es geklappt hatte. Jan begutachtete unsere Boliden und auf die Frage hin wo wir denn nun hin müssten deutete er in Richtung der Straße aus der er eben mit dem Mercedes kam mit den Worten: „Irgendwo da, drittes oder viertes Haus, weiß ich selbst nicht so genau!“

Wenig später hatten wir unsere Fahrzeuge rücklings in den Garten auf das Grundstück seines Schwiegervaters gesetzt. Um uns herum kleine Kinder, die mit großen Augen den Besuch beäugten. Wir begrüßten alle und Jan zeigte uns das Anwesen. Vorne das Haus der Schwiegereltern, dahinter ein kleineres Haus in dem Jan mit seiner Frau und dem Sohn gerade in den Ferien wohnt und dahinter eines welches gerade gebaut wird. Im vorderen Haus durften wir nächtigen.

Nun erfuhr ich auch, dass Jan uns im ganzen Dorf schon Wochen lang vorher angemeldet hatte. Sein Schwiegervater, Tengo, ist sowas wie eine Art Ortsvorsteher, jedenfalls ein bekannter Mann im Ort. So sollte nun jeder, der irgendetwas von uns sähe sofort anrufen und so war es ja auch geschehen. Einfach großartig.
Während wir noch Mokka tranken und Wäsche aufhingen bereiteten die Frauen des Hauses ein feudales Mittagessen vor. Da gab es Fleisch, Frikadellen, Brot, Oliven, Salat, Käse und selbst gemachten Wein in rohen Mengen. Die Teller standen auf dem Tisch übereinander und auch an Trinksprüchen fehlte es nicht. Das genaue Ritual erklärte und Jan ausführlichst. Wann wer zu trinken habe, aus welchem Glas und dass man sich am Besten gleich zwei Trinkgefäße zurecht stellte, da eines ja nur bei den Trinksprüchen berührt werden dürfe.

Wir aßen und schlemmten bis zum geht nicht mehr. Eine freudige Stimmung herrschte am Tisch und später stießen noch zwei Nachbarinnen mit Ihren Saiteninstrumenten zu uns und trällerten einige georgische Volksgesänge. Nach dem Essen konnten wir uns ausruhen oder mit Jan einen kurzen Abstecher
in die umliegenden Berge machen. Dort zeigte er uns eine hölzerne Kapelle und eine saubere Quelle in der wir direkt unsere Trinkkalebassen auffüllten.
Den restlichen Tag lagen wir auf der faulen Haut oder gingen Reperaturarbeiten an den Fahrzeugen nach, sowie duschten ausgiebig. Zum Abendessen konnten wir den Hausherren und seine Frau davon überzeugen uns nicht erneut zu bekochen, sondern begnügten uns mit den reichlichen Resten des Mittags. Jan und ich stimmten
einige alte Lieder an und während der Rest der Truppe bereits schlief tranken wir noch mit Vettern und Cousinen auf Freundschaft, Freiheit und Familie.

Gegen 3 Uhr sank ich in einen lang ersehnten wohligen Schlaf, der nicht von allzulanger Dauer sein würde.

 

 

Über den Autor

Navigator Team 2Infinity und offizielles Mitglied der TajikRally 2014 // Motto: "Nicht quatschen - Machen!" // Minimalist - Organisator - Optimist // 1999 - Griechenland 6 Wochen per Tramp von Bonn bis zum Olymp und zurück // 2000/2001 - Südamerika 15 Monate mit dem Rucksack unterwegs von Machu Picchu bis Feuerland und mit dem Containerfrachter über den Atlantik von Buenos Aires nach Hamburg zurück // 2006 & 2008 - Bolivienreise jeweils ein Monat // 2014 - TajikRally2014 10.000 km für den guten Zweck // ...

Hinterlassen Sie einen Kommentar