Mit Sicherheit der dramatischste Tag der Rally.
Schwierig zu erzählen aber ein Teil des Abenteuers:

 

Wir sind schon den halben Tag unterwegs, da kommt es im Team Kompass es zu Unstimmigkeiten.
Plötzlich findet ein stiller Fahrerwechsel statt.
Stille Fahrerwechsel sind nie gut.
Wenn einer nicht mehr mit dem anderen spricht, wenn nicht nur die Luft vor Hitze brennt, sondern auch die Stimmung hoch kocht, dann liegt einiges im Argen. Dann kann es brenzlig werden, gar lebensgefährlich.

Bei Extremsituationen denkt man oft ans Bergsteigen oder andere gefährliche Sportarten, nicht aber an eine Rally. Und doch kann es hier zu extremen zwischenmenschlichen Situationen kommen.

Plötzlich schießt das Fahrzeug vom Team Kompass los. In einem Affenzahn brettert es über die Piste, so dass die Kiesel nur so spratzeln. Anfangs denke ich noch es ist nur Spass, aber der Wagen hält gar nicht mehr an. Über Funk versuchen wir das Team zu erreichen – ohne Erfolg.

Was ist da los?
Der Wagen schwankt über die Straße und droht einige Male von der Fahrbahn abzukommen.

Jetzt ist an Pause nicht mehr zu denken, wir müssen hinterher. So schnell es geht versuchen wir sie einzuholen.

Auf der M32 stehen sie dann. Waren 13 Minuten vor uns dort angekommen. Haben 13 Minuten raus geholt mit riskanter Fahrweise. Weil es wohl zu langsam ging ist einem der beiden der Geduldsfaden gerissen. Man hat sich abreagiert, dennoch ist ein Bruch entstanden, zwischen den beiden Freunden. Man vertraut sich nicht mehr, weiß nicht wie es weiter gehen soll. Hat Angst!

Wir steuern die nächste Stadt „Aralsk“ an. Dort müssen wir Pause machen, um uns alle zu beruhigen und wieder Kraft zu schöpfen.

An einer Tankstelle vor dem Ort treffen wir zwei österreichische Motorradfahrer. Es gäbe keinen Sprit, es sei niemand da. Beherzt hämmere ich mit der Faust an die Stahltür des Kassenhäuschens und natürlich ist jemand da. Die Gardinen bewegen sich und eine ältere Dame steckt den Kopf heraus.

„Full!“

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Die beiden erzählen uns man muss sich bei der Polizeistation registrieren. Es koste 25 USD pro Kopf. Es ist tatsächlich so, dass man sich in Kasachstan registrieren muss, wenn man länger als fünf Tage im Land ist. Nur wir sind nicht bereit dazu etwas zu bezahlen. Wir lösen die Situation mit unseren Souveniers. Eine Deutschlandfahne und einige Visitenkartenetuis von ToyotaMotosSport helfen uns um die Gebühr herum.

Einst war die Stadt ein wunderschöner, florierender Ort mit einem großen Hafen, Fischfang und anderen wirtschaftlichen Betrieben. Nachdem in den 70er Jahren das Wasser der Zuflüsse zum Aralsee zur Baumwollproduktion umgeleitet wurden sank der Wasserspiegel des Sees und die angrenzenden Städte verarmen und verkümmern. Auf usbekischer Seite gibt es sogar einen Schiffsfriedhof wo ein verrosteter Kutter neben dem nächsten liegt. Finster und gespenstisch wie das Hotel „Aralsk“ das auch die beste Zeit bereits hinter sich hat. Die Kabel hängen von den türkisgrünen Decken, es ist staubig und der Putz bröckelt bereits. Dennoch buchen wir vier Zimmer. Drei mit Dusche und eins ohne. Laut den Besitzern gibt es wohl im ganzen Hotel nur drei Duschen.

Was ein Glück ist nicht Hochsaison. Unsere Autos parken wir rückwärtig auf dem Privatparkplatz.

Frisch geduscht und guter Dinge suchen wir uns eine Bar, essen Kamelspieße auf der Straße und trinken gutes kasachisches Bier. Ein insgesamt guter Abend und ich habe das Gefühl auch das Team Kompass hat sich beruhigt.

Vom heutigen Tag gibt es verständlicherweise wenig Fotos. Meine Kamera war ja defekt und die anderen Teams haben aufgrund der Ereignisse auch wenig fotografiert, also greife ich auf ein paar Handyfotos zurück.
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Über den Autor

Navigator Team 2Infinity und offizielles Mitglied der TajikRally 2014 // Motto: "Nicht quatschen - Machen!" // Minimalist - Organisator - Optimist // 1999 - Griechenland 6 Wochen per Tramp von Bonn bis zum Olymp und zurück // 2000/2001 - Südamerika 15 Monate mit dem Rucksack unterwegs von Machu Picchu bis Feuerland und mit dem Containerfrachter über den Atlantik von Buenos Aires nach Hamburg zurück // 2006 & 2008 - Bolivienreise jeweils ein Monat // 2014 - TajikRally2014 10.000 km für den guten Zweck // ...